Das KAB-Herbstkonzert, bzw. das zu diesem Behufe zusammengestellte Musikprogramm in diesem Jahr der Unruhe unter das Motto „Lebensstürme“ zu stellen, erscheint mir geradezu prophetisch genial. Oder sagen wir: Es verrät den starken Zug zum Tor, den die Pöllinger Pfarrkulturinitiative in ihrem mittlerweile vierten Jahr eins ums andere Mal zu beweisen gelingt. Die Kirche war auch diesmal – schon wieder! – brechend voll. Wobei Publikumsandrang allein natürlich kein Qualitätskriterium sein kann. Seien wir uns ehrlich: Wie oft erfüllt das mit Spannung erwartete Konzert, der Theaterabend oder die Ausstellung die eigenen, vielleicht überhöhten Erwartungen eben nicht? Und bleibt – ungeachtet aller Anstrengung der Proponenten – ein halbleeres Glas, nein schlimmer: ein hohles, weil belangloses Ereignis ohne inneren Nachhall? Was aber, umgekehrt: Wenn es einem schon nach wenigen Tönen (im Fall des Herbstkonzerts: von Edgar Unterkirchner und Julia Hofer) das Wasser ganz von selbst in die Augen treibt?
All the lonely people
Where do they all come from?
All the lonely people
Where do they all belong?
Ohne hier die Behauptung aufstellen zu wollen, dass alle Pöllinger Konzertbesucher zur Herbst-Tag-und-Nacht-Gleiche an Einsamkeit gelitten hätten, ist klar: Ausnahmslos jeder bringt seine eigenen Lebensstürme (nach Pölling und anderswohin) mit. Die jeweils zum Jahreszeitenwechsel dargebotenen Musiken (wie oben genannter Beatles-Song) berühren genau das in uns, wonach wir in Kunst, Kultur und Musik auf der Suche sind, es dann – einmal gefunden – aber doch lieber verbergen wollen (aus Scham, wovor?). Gegen diese Verwirrung gibt es ein einfaches Rezept. Es hilft, immer und immer wieder (am besten jeweils zu Frühling-, Sommer-, Herbst- und Winterbeginn) nach Pölling zu fahren (nicht vergessen Karten bei Margit Obrietan zu reservieren, die Kirche ist klein).
Sie merken es schon: Einen intellektuellen, ja seriös-distanzierten Zugang zur Musik von Edgar Unterkirchner mit seinen jahreszeitlich wechselnden Musik-Legionären bei KAB sucht man in diesem Text vergeblich. Ich finde: Wo sich ein Cello klanglich in einen singenden Pottwal verwandeln lässt und dann zur Kirchturmspitze fliegt, ist das auch gar nicht nötig. Es reicht völlig, die Musik den eigenen Geist befreien zu lassen – im Bewusstsein dessen, einen solchen Satz niemals irgendwo sonst niederzuschreiben. In Pölling, dort wo „Love &Peace“ widerspruchsfrei auf „Born to be wild“ trifft, muss man sich über diese und andere Kleinigkeiten einfach keine Sorgen mehr machen. Im kleinen Kärntner Bergdorf gehen „menschliche wie musikalische Räume auf“ (meint Julia Hofer). Hinzuzufügen bleibt noch: Pölling deckt so manches auf. Darunter auch die bisher unbekannten Seiten lieber Mitmenschen, von denen man (fast) alles zu wissen geglaubt hat: Thomas Feichter – du kein Musiker, welch ein Illtum!
PS: Das Konzert inklusive Thomas Feichtners Gong-Bad und Lichtinstallation von OchoReSotto war übrigens toll. Und, ach ja: Allen herzlich willkommen im Herbst!
Johanna von Polan